Lebensfreuden

Der Hirtenpfad und seine zwei Schäfchen

Dienstag 27 November 2018 - 17:55:39
hirtenpfad_geschichte1.jpg Mein geliebtes Hausbärchen blätterte beim Morgenkaffee in unserem Wanderbüchlein.

Das ist eine Sammlung von Wanderideen, die wir zusammengetragen und hier eingeklebt hatten. Es wurde nämlich mal wieder Zeit, etwas für die körperliche Kondition zu tun. Und da wir so schön im Grünen wohnen, liegt es doch nahe, durch Wandern selbige wieder in Schwung zu bringen.
„Ich habe eine Wandertour für uns gefunden“, verkündete er, während ich mir erneut Kaffee eingoss, einen kräftigen Schluck nahm und damit den Herzschlag schon mal ohne Wandern leicht erhöhte.

Hirtenpfad Geschichte2

Petrus schien auch gut gelaunt, es war für die ganze Woche schönes Herbstwetter vorhergesagt. Unser Wandertag, so beschlossen wir, sollte am Dienstag stattfinden, so konnten wir Montag das zur Versorgung Nötige besorgen.
Es ging früh los mit einem kleinen Proviantpaket von jeweils zwei gut belegten Brötchen und zwei Wasser Flaschen, ferner zwei hartgekochten Eiern und jener Schokolade in Form von kleinen Dreiecken, die an Bergspitzen erinnern.
Ich war gerade dabei, alles in die Rucksäcke zu verteilen, als mein Hausbärchen mir eine Toilettenrolle und meine kleine Beet-Schaufel entgegenhielt. „Im Ernst jetzt?“, fragte ich. „Na klar, man weiß nie! Und wenn dann schon..., dann wenigstens korrekt“, brummte er.
Alles war gut verpackt und wir stiegen ins Auto, um zum Wanderparkplatz unserer Tour zu fahren! Noch ein kurzer, rückversichernder Blick auf die Informationstafel mit der Wegführung und es ging los. Der schmale Wanderweg führte zunächst nur bergab und zwang uns meistens, hintereinander zu gehen und auf die ausgeprägten Stolperfallen der Baumwurzeln zu achten.
Die meiste Zeit verbrachten wir im angenehm kühlen Schatten der Bäume, doch wir wussten, beim Aufstieg auf der anderen Seite des Tales würde uns die Sonne begleiteten und unterm Pullover könnte es ganz schön warm werden.

Knapp 8 km soll der Hirtenpfad lang sein und angeblich war das in 3 Stunden zu schaffen - gemäß den Informationen aus dem Wanderbüchlein! Na, das ist ja machbar, haben wir uns gedacht und waren guter Dinge und voller Erwartungen! Da wir aber keine Bank ausgelassen haben und uns eifrige Mitwanderer zügig überholten, war schon bald klar, dass wir uns mal besser auf 4 Stunden einstellen sollten.
Die frische Luft füllte unsere Lungen und unsere Füße forderten unseren Gleichgewichtssinn heraus beim Versuch, irgendwie regulierend mit den Unebenheiten des Waldweges zurecht zu kommen.
Die Natur war wunderschön, keine Frage, doch inzwischen verdichtete sich der Verdacht, dass das auch mit den 4 Stunden kaum hinhauen dürfte. Lauschige Bänke mit wundervoller Aussicht ins Tal und darunter richtige Liegebänke, die zum Sonnenbaden einluden, waren einfach zu verführerisch.
Aber irgendwann waren wir dann doch an jenem Punkt angekommen, von dem aus es bald wieder aufwärts ging. Noch eine letzte Bank! Und die schien zu sagen: Jetzt wird es steil und heiß, also sammelt noch einmal Kräfte!

Hirtenpfad Geschichte

Zufällig stand hier gerade ein Apfelbaum. Nicht weit davon entfernt ein kleines Anwesen. „Ach, so ein Apfel wäre jetzt nicht schlecht.“
„Soll ich zwei pflücken, mein Bärchen?“
„Nein, lieber nicht“, gab er mir zur Antwort, „vielleicht gehört der Baum ja zu dem Haus dort, und dann machen wir uns strafbar!“

Ich tat einfach so, als wollte ich die Äpfel fotografieren und stellte mich so, dass man nicht unbedingt sah, wie ich zwei abnahm und sie in die Jackentasche gleiten ließ.
„Du bist viel zu ängstlich, mein Lieber, da hängen doch so viele Äpfel in diesem Baum, zwei mehr oder weniger, was macht das schon! Ich pflücke ja nicht gleich einen
Eimer voll“, grinste ich.

Wir machten uns gemächlich aus dem Staub und überquerten die Straße, die sich durch das Tal zog. Und dann wurde es ernst! Jetzt ging es richtig hoch.„Geh du ruhig weiter“, meinte mein Bärchen, „ich komme gleich nach, ich muss mich mental auf den Aufstieg vorbereiten.“

Hirtenpfad Geschichte3

Nachdem das steile Stück überwunden war, sanken wir erschöpft auf eine Bank, die ein mitleidender Mensch dort hatte errichten lassen und zur moralischen Erbauung hatte er auch noch ein Schild mit der Aufschrift „Geschafft!“ auf der Lehne anbringen lassen. Es eröffnete sich ein wunderbarer Blick auf die Landschaft, und wir vergaßen einen Moment, dass wir gerade mal so 1 km hinter uns hatten.
„Zum Glück hast du die Fotokamera dabei, das gibt nochmal extra Pausen“, strahlte mein geliebter Bär mich an. Wir stellten fest, dass wir öfters solche Ausflüge machen mussten, um wirklich Kondition zu bekommen. War dieses häufige Innehalten auch nichts für die Kondition, so öffnete es andererseits doch unseren Geist für die Schönheit der Natur um uns herum und ließ ihn die Fülle der Wälder, Wiesen und Farben aufnehmen.
Auf dem Hirtenpfad gab es immer mal wieder mal kleine Tafeln, auf diesen waren Informationen über die Hirtenjungen, die in aller Herrgottsfrühe noch vor der Schule das Vieh vom Bauern über diese Pfade auf die Wiesen und Weiden brachten. Wahnsinn! Was für eine Leistung - und ich fange schon an zu nörgeln, wenn ich nur zum Bus gehen soll. Und mir taten jetzt schon Muskeln weh, von deren Existenz ich nichts geahnt hatte.
Es war Zeit für eine Pause und so setzten wir uns auf die Bank, die vor uns stand und aßen den ersten gepflückten Apfel, der sich als sehr erfrischend herausstellte.
„Wie lange laufen wir schon?“, fragte ich. „Du, das kann ich dir gar nicht so genau sagen, vielleicht haben wir die Hälfte geschafft!“
Nach der Apfelpause ging es weiter, ergeben folgten wir dem nur noch eine Richtung kennenden Wanderweg: nach oben. Welche Erleichterung, wenn er dann doch mal zu unserem Glück ein kleines Stück ebenerdig oder gar bergab ging. Mal führte uns der Weg in den Wald hinein, mal am Rand des Waldes entlang.
Plötzlich tauchte zu unserer Rechten ein sehr großer Findling auf, der die Form einer erhöhten Sitzgelegenheit hatte und wir hatten also wieder einen Anlass für eine Pause gefunden. „Was meinst Du, mein Spätzchen, eine kleine Wanderunterbrechung?“, schnaufte er mir entgegen.
„Oder auch für eine etwas größere?“, fügte ich fragend hinzu und strahlte ihn an. Die Pause ließ Hungergefühle aufkommen. „Eine kleine Stärkung?“, fragte ich mein Bärchen, während ich einen Schuh zuschnürte.

Hirtenpfad Geschichte1 2

„Das wäre jetzt nicht schlecht nach der Anstrengung“, verlieh er seiner Bitte Nachdruck.
Ich saß oben auf dem Stein – ein schöner, sonniger Platz. Auf dem kleiner Brocken gegenüber kaute mein Bärchen auf seinem Brot. „Du hättest eigentlich noch ein paar
Äpfel mehr mitnehmen können“, meinte er nachdenklich. Das ließ mich dann doch schmunzeln!

Die Sonne schien schon kräftig und es war mir richtig warm geworden. Ich zog meinen Pullover aus. „Was hast Du denn vor?“, erkundigte sich mein Bärchen. „Ich muss mich von einigen der unteren Schichten befreien, sonst löse ich mich auf dem Rest des Weges auf.“ „Au ja, tu das.“ „Und Du guckst gefälligst weg, wie sich das für einen Gentleman gehört!“ „Klar doch, mach ich doch immer.“ „Irgendwie hab ich das anders in Erinnerung.“ Und natürlich machte er keine Anstalten wegzuschauen. Aufmerksam musterte er mich und meinte plötzlich: „Wenn du jetzt noch einen Fischschwanz hättest, wärst du eine perfekte Kopie der kopenhagener Meerjungfrau!“ Bevor das jetzt ausartete, raffte ich die abgelegten Teile zusammen, verstaute sie im Rucksack und streifte den Pullover über. „Schade“, murmelte mein Gegenüber und reichte mir die Hand für den Abstieg vom Felsbrocken.
Da es nichts mehr zu Futtern gab, folgten wir weiter dem Wanderpfad, der sich noch lange hinzog. Nach ca. 5 Stunden näherte er sich dem Ende. Schon von Weitem
sichteten wir den Parkplatz, von dem wir gestartet waren, was unseren müden Schritt dann noch einmal beflügelte, zumal es endlich wieder mal bergab ging.

Wir stiegen ins Auto und fuhren heim. „Na, mein Spätzchen, heute haben wir ja mal so richtig etwas für unsere Kondition getan!“ Ich nickte. „Obwohl, eigentlich
kann man nie genug tun“, zwinkerte mich mein Bär an.


Schlafende Gesellschaft

„Schlag dir das aus dem Kopf, mein Lieber. Ich bin sowas von müde!“ Ich war noch nicht richtig im Bett, da ertönten schon die ersten verhaltenen Schnarchtöne. Ich musste grinsen. Das leise Schnarchen aber störte mich nicht, die nötige Bettschwere war einfach erreicht und so kamen wir zu einem wohltuenden Spätnachmittagsschlaf! Frische Luft macht nun mal zuerst munter und dann müde!


Hilda































































































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